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Engelstein 972 m Chiemgauer Alpen | by Panger |
Friday, 31.07.2015 |
Mir ist schon klar: der Besuch des Engelsteins ist eine Unternehmung, die eher im Herbst oder Frühjahr durchgeführt wird, wenn die Tage kürzer sind und die höheren Berge schon wieder oder immer noch viel Schnee haben. Wer es denn will und nicht zu weit weg wohnt, wird die Tour vermutlich auch am Feierabend machen.
Ursprünglich hatten wir eine andere, für uns neue Tour geplant. In der Beschreibung dazu steht, daß man nur dann gehen sollte, wenn es vorher zwei bis drei Tage trocken gewesen ist. Nachdem der Mittwoch zeitweise verregnet war, und auch der Donnerstag (sehr früh) noch Regenschauer erlebt hat, haben wir die Unternehmung ein paar Tage verschoben.
Sobald der Kopf wieder frei war, spürten wir den leisen Ruf des Engelsteins:" Warum kommt ihr nicht mich besuchen? Anfang Juni war es doch schön bei mir." Wir sind also am 31. Juli zu einem zweiten Besuch des Engelsteins aufgebrochen und haben unser Auto bei dem seit einiger Zeit geschlossenen Berggasthof Pattenberg, südwestlich und oberhalb von Bergen, abgestellt.
Links am Berggasthof vorbei führt eine schmale Forststraße in sanfter Steigung an einem Gehege mit Damwild und an Almgelände vorbei bis zum Waldrand. Es ist eine friedliche Stimmung hier inmitten der schönen Umgebung, und es ist auffällig still. Die Forststraße führt nun nach links in den Wald. Wir bleiben auf ihr, Abzweiger nach rechts oder links werden nicht beachtet. Ein kleines Marterl, liebevoll hergerichtet rechts am Rand der Forststraße, erinnert an einen Verunglückten. Bei einem Wegweiser und einer Bank kommen wir dann aus dem Wald auf eine Lichtung.
Der weitere Weg zum Engelstein ist ausgewiesen. Er führt uns links über die Lichtung wieder in den Wald und in leichter Steigung nach wenigen Minuten zum östlichen Wandfuß des Engelsteins. Links davon steilt ein einzelner Felszacken empor, in dem sich eine Höhle befindet (ein Schild davor soll den Weg nach links zum Höhleneingang weisen, das Schild fehlt allerdings am 31. Juli).
Zwischen Felszacken und östlichem Wandfuß des Engelsteins steht etwas erhöht eine weitere Bank. Von dieser Bank geht es den Steigspuren folgend in wenigen Metern zum Einstieg der Ostwandroute. Auch hier an einem Baum wurde eine kleine Plakette angebracht, die auf einen Verunglückten hinweist. Die Route ist zwar nicht markiert, aber quasi vorgegeben durch die deutlich sichtbaren Steigspuren, welche den bestmöglichen Aufstieg vermitteln. Sie sollte nur bei trockenem Wetter begangen werden.
Viele Baumwurzeln und gute Griffe im festen Fels helfen uns über steile Passagen hinweg (UIAA I). Das Steigen ist eine Freude. Wir erreichen bald die Schlüsselstelle, eine kurze, senkrechte und etwas abdrängende Wandstufe (UIAA II- aus meiner subjektiven Sicht), sie wird nach rechts heraus erklettert. Danach nimmt die Steilheit deutlich ab, wir steigen über ein, zwei kleinere Felsstufen (bis UIAA I) und Gehgelände hinauf zum Gipfelkreuz.
Die Aussicht von diesem herrlichen Kletterzacken ist beeindruckend schön. Im Süden direkt gegenüber bauen sich Hochfelln, Rötlwandkopf und der Hochgern mit seinen Trabanten auf. Weiter hinten im Westen sieht man die Kampenwand aus ungewohnter Perspektive, rechts davon Gedererwand und Zwölferturm. Der Blick geht herunter auf das schöne Voralpenland des Chiemgaus und den Chiemsee mit seinen Inseln. Die vielen bewaldeten Mugel um uns herum sind mir bis auf den Bairerkopf leider nicht bekannt.
Wir bleiben insgesamt eine Stunde auf dem Hauptgipfel des Engelsteins - rasten, schauen, staunen und freuen uns. Bei unserem ersten Besuch hat sich eine sehr große, smaragdgrüne Eidechse hier länger von uns bewundern lassen. Heute ist sie leider nicht zu sehen. Vertreten wird sie aber von drei Vettern von ihr (in Normalausführung), die sich knapp unter dem Gipfel sonnen. Die Zeit auf diesem schönen Ausguck geht nun zu Ende, viele gute Griffe und Tritte bringen uns über die Aufstiegsroute bald wieder zurück zum Einstieg.
Vom Bankerl gehen wir wenige Meter zurück Richtung Wegweiser (ohne Schild). Hier geht es nach rechts zum Eingang der wohl relativ häufig aufgesuchten Höhle. Wir halten uns heute links und folgen dem Zustiegsweg eine kurze Strecke bergab. Bald zweigen nach links zuerst schwach, später deutlich erkennbare Steigspuren ab. Sie führen uns kurz entlang des Felskörpers und dann im lichten Wald hoch in einen Sattel zwischen Haupt- und Westgipfel. Hier geht es links zu zwei kleinen höhlenartigen Öffnungen im Fels und zu den Einstiegen von Kletterrouten. Die im Sattel nach rechts abzweigenden Steigspuren bringen uns unterhalb des Grates zum Westgipfel. Das schmale Steiglein ist gut zu gehen. An seinem Ende steigen wir über eine kurze Stufe (bis UIAA I) hoch zu einem kleinen Plateau und von dort nach rechts in Kürze auf den schmalen, ungeschmückten Westgipfel. Von hier haben wir eine eindrucksvolle Sicht auf den steilen Hauptgipfel des Engelsteins, gekrönt von Gipfelkreuz und etwas Botanik.
Das kleine Plateau bietet uns einen angenehmen Rastplatz mit schönem Blick auf Chiemsee und das Alpenvorland des Chiemgaus. Wieder sind wir ganz allein und genießen die friedliche Atmosphäre. Nur das entfernte, leise Hintergrundrauschen der A8 und hin und wieder ein Flugzeug unterbrechen die Stille. Eine große, dunkle Wolke segelt herüber vom Hochfelln, verweilt ein wenig und schenkt uns Schatten, einen leicht kühlen Wind sowie ein paar winzig kleine Regentropfen. Dann zieht sie weiter Richtung Chiemsee.
Bald danach ziehen auch wir weiter. Vom kleinen Plateau aus gibt es dafür zwei Alternativen. Die naheliegende besteht in der Rückkehr über den Steig, der uns hergebracht hat. Nach Erreichen des Zustiegsweges geht es dann links weiter bergab zu der uns bekannten Lichtung mit Wegweiser und Rastbank.
Wir nehmen die zweite Alternative. Sie beginnt bei den Stümpfen dreier abgesägter Buchen und führt uns auf deutlichen Steigspuren den Grat entlang weiter nach Westen. Nach nicht allzu langer Zeit haben wir wieder die Wahl, was den weiteren Weg betrifft. Die Steigspuren verzweigen sich. Geradeaus und etwas ansteigend bringt uns der Steig über den schmal werdenden Grat bis zu dessen Abbruch. Am rechten Ende des Gratabbruchs befindet sich ein ca. vier Meter tiefer Kamin, der in Wandkletterei zu überwinden ist – oben recht eng, nach unten sich öffnend, weiter werdend und auf einem schmalen, erdigen Band mündend. Bei unserem ersten Besuch sieht das von oben eher abschreckend aus. Meine Liebste (sie ist unsere Stimme der Vernunft) möchte nicht, daß wir da runterklettern. Ein wegloses Abklettern links vom Kamin würde ich nicht empfehlen. Zwar ist die Wand oben nicht zu steil geneigt, sie ist aber mit viel Gras durchsetzt und bricht weiter unten in der Regel senkrecht ab.
Also wandern wir wieder ein kleines Stück auf dem Grat zurück bis zu dem oben erwähnten Abzweig. Wir folgen nun den Steigspuren nach rechts und klettern ein kurzes Stück über Schrofen und Wurzeln hinab (UIAA I-). Dort nehmen wir das Steiglein auf, welches uns immer an der Felswand entlang weiter nach Westen bringt. Nach einiger Zeit verzweigt sich das Steiglein wieder einmal. Geradeaus bringt es uns später den Grat hinab und zurück zu der uns bekannten Lichtung mit Wegweiser und Rastbank.
Wir folgen aber erst einmal den Steigspuren rechts eine mit Gras bewachsene, erdige Rinne hinauf. An ihrem oberen Ende stehen wir vor einer Höhle, die der uns bisher nur von oben bekannte Gratabbruch beherbergt. An der linken Seite der Rinne steilt ein letzter Felszacken des Westgrates empor, dessen kleinen Gipfel ein kleines, schmiedeeisernes Gipfelkreuz schmückt. Damit ist der Gipfel aber auch schon besetzt. Der Aufstieg ist steile Wandkletterei, technisch aber nicht schwieriger als UIAA I+. Hinsetzen kann ich mich da oben allerdings nicht. Ich begrüße das kleine Gipfelkreuz und klettere wieder hinab.
Links von der Höhle führen Steigspuren an der Felswand entlang hinauf. Sie münden weiter oben nach rechts in das schon von oben vom Gratabbruch geschaute, schmale und erdige Band. Wir folgen dem Band bis zum Kamin und sehen nun, daß auch diese Passage machbar ist. Ich klettere den Kamin hinauf, bis mein Kopf oben aus der Öffnung schaut. Sofort sehe ich in die mich voll blendende Sonne und damit nichts mehr in der Richtung. Da ich den Grat und den anschließenden Weg nicht noch einmal und allein zurück gehen mag, klettere ich also wieder hinab. Aus meiner subjektiven Sicht bewerte ich den Kamin mit UIAA III-.
Der Engelstein hat uns diesmal einige seiner Geheimnisse offenbart. Dankbar steigen wir die grasbewachsene Rinne hinab und folgen dem Steiglein nach rechts. Der Steig ist phantastisch angelegt und bringt uns ohne Probleme durch dichten Wald den Ausläufer des Westgrates hinunter. Dort mündet er in einen schönen Waldweg, der von dem von der Menkenböden Diensthütte heraufziehenden Weg abzweigt und auf der uns bekannten Lichtung mit Wegweiser und Rastbank in den Pattenberger Weg mündet. Der Kreis hat sich geschlossen.
Wir nehmen die schmale Forststraße wieder auf. Am unteren Ende des Waldes schauen wir weit über hügelige Wiesen und die Dächer von Pattenberg im Sonnenschein. Noch weiter hinten im Nordosten ragt die Wallfahrtskirche von Maria-Eck über die Baumgipfel und grüßt herüber. Bald danach sind wir zurück bei unserem Auto, immer noch voller Freude.
Anmerkungen zu den Zeit-, Höhen- und Distanzangaben dieser Tour:
Die eingegebenen Daten beinhalten die für den Zustieg vom Parkplatz und den Aufstieg zum höchsten Punkt dieser Tour benötigte Zeit sowie die bis dahin überwundene Höhe und Strecke. Heute ist das der Normalweg zum Hauptgipfel des Engelsteins.
Die für den Abstieg eingegebene Dauer reflektiert die von uns benötigte Zeit für die Rückkehr vom höchsten Punkt der Tour zum Parkplatz - und damit auch die für unsere Erkundungen am Westgrat des Engelsteins aufgewendete Zeit.
Pausenzeiten sind in diesen Angaben nicht enthalten.
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